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Was ist chronische myeloische Leukämie (CML)?

Die chronische myeloische Leukämie (CML) ist eine Form von Blutkrebs, bei der Stammzellen im Knochenmark entarten. Diese Zellen sind Vorläuferzellen von weißen Blutkörperchen und somit wichtiger Bestandteil des Immunsystems. Allerdings sind diese Vorläuferzellen noch nicht fertig ausgebildet, wodurch sie ihre Funktion im Blut nicht erfüllen können. Diese unreifen und funktionslosen Vorläuferzellen werden als myeloische Blasten bezeichnet. Sie breiten sich im Knochenmark aus und behindern dort die Bildung von gesunden weißen und roten Blutkörperchen sowie von funktionstüchtigen Blutplättchen.

Wie häufig ist eine chronische myeloische Leukämie (CML) Erkrankung?

CML ist eine seltene Erkrankung. Etwa 1 von 75.0001 Personen erkrankt pro Jahr. Das bedeutet, in Österreich erhalten jedes Jahr etwa 100 – 1201 Menschen die Diagnose chronische myeloisch Leukämie.

CML kommt grundsätzlich in allen Altersgruppen vor, das höchste Krankheitsrisiko liegt aber bei 55 bis 60 Jahren.

Männer sind häufiger betroffen als Frauen, Kinder erkranken eher selten an CML.

Welche Ursachen hat Chronische myeloische Leukämie (CML)?

Der tatsächliche Auslöser für CML ist derzeit noch unbekannt. Klar ist jedoch, dass es sich um einen Fehler im genetischen Bauplan der weißen Blutkörperchen handelt. Dieser Bauplan wird im Falle der CML an zwei Stellen zerrissen und wieder falsch zusammengesetzt. Dabei entsteht ein neues Gen, das sogenannte Philadelphia-Chromosom, das für die überwiegende Anzahl an CML-Fällen charakteristisch ist.

Das neue Gen enthält andere Erbinformationen, wodurch die betroffene weiße Blutzelle ihr Verhalten verändert: sie produziert nun ein bestimmtes Eiweiß, das als BCR-ABL-Protein bezeichnet wird, und wird so zur potenziellen Krebszelle.

Dieser Schaden im Bauplan wird durch Zellteilung an die nachfolgenden Zellgenerationen weitergegeben. Die neuen Blutzellen teilen sich unkontrolliert und deutlich schneller. Dadurch häufen sie sich im Körper – insbesondere im Knochenmark – an, wo sie die gesunden Blutzellen verdrängen. Im späteren Stadien der Erkrankung treten zusätzliche genetische Veränderungen auf.

Wichtig zu wissen: Obwohl der chronischen myeloischen Leukämie eine Veränderung in den Genen zugrunde liegt, ist sie keine Erbkrankheit. Sie wird also nicht von Eltern an ihre Kinder weitergegeben. 

Mögliche Risikofaktoren für die Entartung von Blutstammzellen können ein häufiger Kontakt mit chemischen Substanzen wie Benzol oder ionisierender (radioaktiver) Strahlung sein.

Symptome

Symptome der chronischen myeloischen Leukämie (CML)?

Die Erkrankung beginnt schleichend und oft symptomlos oder ohne gravierende Beschwerden. Sie beginnt mit unspezifischen Allgemeinsymptomen wie allgemeines Krankheitsgefühl und Müdigkeit. Je weiter die Krankheit voranschreitet, desto eher treten weitere Beschwerden auf. 

Zu den bekannten Symptomen zählen:

Durch den Mangel an roten Blutkörperchen (Erythrozyten), die für den Sauerstofftransport im Körper zuständig sind:

  • Blutarmut (Anämie): Blässe, Schwäche, Schwindel, allgemeines Unwohlsein
  • Leistungsminderung: Müdigkeit, geringe Belastbarkeit, Abgeschlagenheit, Kurzatmigkeit, Herzrasen

Durch den Mangel an weißen Blutkörperchen (Leukozyten), die wichtig in der Abwehr von Krankheitserregern sind:

  • Infektionsanfälligkeit: erhöhtes Risiko einer bakteriellen, viralen oder Pilzinfektion

Durch den Mangel an Blutplättchen (Thrombozyten), die wichtig für die Wundheilung sind:

  • Blutungsneigung: ungewöhnlich lange Blutungen schon bei kleinen Verletzungen, häufiges Nasen- und Zahnfleischbluten etc.
  • Schlechte Wundheilung
  • Hauteinblutungen (Petechien): kleine, punktförmige Einblutungen der Haut, häufig an Unterschenkeln oder Armen, aber auch an der Mundschleimhaut
  • Leukostase: Leukämische Blasten verkleben Blutgefäße und führen zu Durchblutungsstörungen

Weitere Anzeichen:

  • Schmerzen: Knochenschmerzen, Druckschmerz im Oberbauch aufgrund von Vergrößerungen der Leber und der Milz (erst im späten Krankheitsstadium).
  • Appetitverlust: Ernährungsstörungen und Gewichtsverlust

Verlauf der chronisch myeloischen Leukämie 

Die Erkrankung schreitet anfangs nur langsam voran. Dadurch bleibt diese Krebserkrankung häufig über längere Zeit unentdeckt. Wird die CML allerdings nicht behandelt, kann sie nach einigen Jahren in eine wesentlich bedrohlichere und rascher fortschreitende Form übergehen. Schließlich zeigt sich die CML wie eine akute Leukämie.

Eine CML wird in drei Phasen eingeteilt, die individuell unterschiedlich lang und nicht vorhersehbar sind:

Chronische Phase

In der Regel wird die Diagnose in der chronischen Phase gestellt, die bis zu 20 Jahre andauern kann. Unter medikamentöser Therapie kann die Krankheit einen relativ gutartigen Verlauf aufweisen und zurückgedrängt werden (Remission).

Akzelerierte Phase

In der zweiten Phase ist die Krankheit bereits weiter fortgeschritten und es können weitere genetische Veränderungen nachweisbar sein. Das Blutbild hat sich verschlechtert und es können mehr unreife Blasten nachgewiesen werden. Eine Rückführung in die chronische Phase ist durch eine adaptierte Behandlung immer noch möglich.

Blastenkrise

CML endet in der Blastenkrise, die unbehandelt tödlich verlaufen kann. Eine Blastenkrise tritt selten unvermittelt aus der chronischen Phase auf und ähnelt dann einer akuten Leukämie.

Darstellung der Blasten krise

Diagnose

Diagnose: Chronische myeloische Leukämie (CML) 

Man spricht von CML, wenn

  • im Knochenmark eine vermehrte Bildung myeloischer Zellen und
  • im Blut eine erhöhte Anzahl von Leukozyten und deren Blasten auftreten,
  • das Philadelphia-Chromosom und
  • das Fusionsprotein BCR-ABL nachgewiesen wird.

Wie erfolgt die Diagnosefindung für chronische myeloische Leukämie (CML)?

Da die Erkrankung so langsam voranschreitet und anfangs häufig symptomlos ist, wird bei vielen Patienten die Diagnose zufällig im Rahmen einer routinemäßigen Blutuntersuchung gestellt. Die Diagnose einer CML besteht aus mehreren Schritten:

Anamnese

Grundlage jeder Diagnose ist ein ausführliches Arzt-Patienten-Gespräch (Anamnese). Dabei wird vor allem das Auftreten von Symptomen hinterfragt.

Körperliche Untersuchung

Im Rahmen der körperlichen Untersuchung wird in erster Linie auf eine vergrößerte Milz, die durch Abtasten des linken Oberbauches festgestellt werden kann, und auf eine angeschwollene Leber geachtet.

Bei Verdacht auf eine CML wird ein umfassendes Blutbild (Differentialblutbild) gemacht, bei der das Blut unter anderem auf eine stark erhöhte Anzahl an weißen Blutkörperchen sowie auf Blasten (unreife Vorläuferzellen der weißen Blutkörperchen) hin untersucht wird. Auch BCR-ABL-Proteine können durch molekulargenetische Untersuchungen aus einer Blutprobe nachgewiesen werden.

Knochenmarkbiopsie

Für eine Diagnose der CML ist eine Punktion des Knochenmarks notwendig. Die gewonnene Probe wird im Labor im Rahmen einer mikroskopischen Analyse beurteilt. Nur so kann festgestellt werden, ob eine Blutbildveränderung und eine Knochenmarkserkrankung vorliegen. Die Analyse zeigt, wie viele Zellen das für die CML verantwortliche Philadelphia-Chromosom tragen.

Abbildung Knochenmarkpunktion

Ultraschall

Per Ultraschalluntersuchung werden die Bauchorgane – vor allem die Größe der Milz – genauer angesehen.

Ultraschall

Welche Behandlungsmöglichkeiten und Therapien gibt es? 

Die Therapie sollte unmittelbar nach der Diagnosestellung begonnen werden, da Behandlungen in fortgeschritteneren Stadien schwieriger sind. 

Als Medikamente der ersten Wahl bei der Behandlung der CML gelten heute Tyrosinkinase-Hemmer (TKI), die speziell für die CML-Behandlung entwickelt wurden. Sie haben die Behandlung der CML revolutioniert und aus einer zuvor tödlichen eine chronische Erkrankung gemacht. Den meisten Patienten wurde damit eine normale Lebenserwartung ermöglicht.

Wissenschaftlich gesehen inaktivieren Tyrosinkinasehemmer das BCR-ABL Protein und bekämpfen somit ganz gezielt direkt die Ursache der CML. Das hat zur Folge, dass sich die falsch programmierten weißen Blutkörperchen nicht weiter vermehren können und sich die Blutbildung der Betroffenen normalisiert.

Tyrosinkinase-Hemmer stehen als Tabletten zur Verfügung und bieten somit Patienten eine einfache Therapiemöglichkeit. Eine regelmäßige Einnahme und die Kontrolle durch den Arzt sind hier der Schlüssel für den Erfolg der Behandlung.

Aber auch wenn die Verträglichkeit dieser Medikamente als gut einzustufen ist, können Nebenwirkungen auftreten.

Der Behandlungserfolg wird regelmäßig durch Blutuntersuchungen und zusätzlich immer wieder durch eine Analyse des Knochenmarks kontrolliert.

Leben mit CML

Wird die Erkrankung frühzeitig erkannt sowie behandelt und wird die Therapie konsequent eingehalten, ist die Lebenserwartung eines CML-Patienten gleich wie die eines gesunden Menschen. Durch moderne Medikamente ist die Erkrankung heutzutage gut kontrollierbar –mit Tyrosinkinase-Inhibitoren ist sogar eine Remission (Krankheit ist nicht mehr nachweisbar) und damit ein normales Leben möglich.

Regelmäßige Kontrollen sind wichtig, um einen Rückfall frühzeitig erkennen und entsprechend darauf reagieren zu können.

Um die Erkrankung nicht allein bewältigen zu müssen, soll die Unterstützung des Partners, der Familie und von Freunden gesucht werden. Dazu gibt es Anlaufstellen wie die Österreichische Krebshilfe mit einem breiten Hilfs- und Beratungsangebot.

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