Myelofibrose
MF (Myelofibrose)
MF (Myelofibrose)
Myelofibrose (MF) ist eine chronische Erkrankung der Stammzellen im Knochenmark (lat. Myelo) und zählt zur Gruppe der myeloproliferativen Neoplasien (MPN). Bei dieser seltenen Erkrankung verliert das Knochenmark zunehmend die Fähigkeit, Blutzellen (Blutplättchen, weiße und rote Blutkörperchen) zu bilden, indem es durch Bindegewebe ersetzt wird und immer mehr verfasert. Diesen Prozess nennt man Fibrosierung.
Paradoxerweise werden zu Beginn der Erkrankung zu viele weiße Blutkörperchen (Leukozyten), zu viele Blutplättchen (Thrombozyten) und auch zu viele Vorläuferzellen im Knochenmark gebildet. Die medizinischen Fachbegriffe dafür sind Leukozytose und Thrombozytose. Durch diese überschießende Produktion werden schließlich bestimmte Wachstumsfaktoren produziert und ausgeschüttet, die die Knochenmarkszellen anregen, Bindegewebszellen zu produzieren. Es kommt zur erwähnten Verfaserung (Fibrosierung). Mit der zunehmenden Verdrängung des Knochenmarks können immer weniger funktionstüchtige Blutzellen gebildet werden.
Um den zunehmenden Mangel an gesunden Blutzellen auszugleichen, übernehmen blutbildende Organe wie vor allem die Milz und zu einem geringeren Anteil auch die Leber deren Produktion. Das funktioniert eine Zeit lang. In einem späteren Krankheitsstadium schaffen sie es aber nicht mehr, den Bedarf zu decken. Die Organe vergrößern sich, die Bildung von Blutzellen bricht schließlich zusammen und die Erkrankung schreitet voran. Langfristig kann die Myelofibrose in manchen Fällen auch in eine lebensbedrohliche akute myeloischen Leukämie (AML) übergehen.
Es gibt zwei Formen einer MF:
MF zählt zur Gruppe der seltenen Erkrankungen. Von 100.000 Personen erkrankt 1 pro Jahr. Ab dem 60. Lebensjahr ist das Krankheitsrisiko am höchsten. Männer erkranken etwas häufiger als Frauen. Obwohl diese krankhafte Veränderung des Knochenmarks vermutlich nicht vererbbar ist, gibt es familiäre Häufungen.
Warum Menschen an einer Myelofibrose erkranken, ist noch unbekannt. Wobei eine erworbene Genmutation bei der Entstehung eine Rolle spielen könnte. Denn: Etwa 6 von 10 der MF-Erkrankungen basieren auf einer genetischen Veränderung des Enzyms Januskinase (JAK) – Mediziner sprechen von der JAK2-Mutation.1
Dieses Enzym ist für die Signalübertragung innerhalb der Zelle zuständig und steuert so unter anderem die Zellteilung. Ist es verändert, bleibt es aktiv und veranlasst zum einen eine permanente Produktion von Blutzellen, zum anderen eine vermehrte Ausschüttung entzündungsfördernden Botenstoffe (sog. Zytokine). Die dadurch ausgelösten Entzündungsprozesse können unter anderem auch einen Einfluss auf die fortschreitende Verfaserung (Fibrosierung) des Knochenmarks haben.
Ob auch der Lebenswandel, Umwelteinflüsse oder der gehäufte Kontakt mit bestimmten Chemikalien Einfluss auf die Entstehung einer MF haben, kann noch nicht gesichert gesagt werden. Vermutlich entwickelt sich die Erkrankung zufällig.
Symptome treten meist im weiteren Verlauf der Erkrankung auf: erhöhte Blutungsneigung, Blässe und Müdigkeit. Die Ansiedlung von Stammzellen in Milz und Leber führt zu ihrer schmerzhaften Vergrößerung.
Die Symptome variieren und sind abhängig vom Stadium der Erkrankung:
Der Gesamtverlauf der Erkrankung ist schleichend und kann über Jahrzehnte hinweg andauern. Wie sich eine Myelofibrose über die Jahre entwickelt, hängt von mehreren Faktoren ab:
Je mehr dieser Kriterien erfüllt werden, desto höher ist Risikogruppe: Niedrigrisiko, Intermediärrisiko 1, Intermediärrisiko 2 und Hochrisiko.
MF äußert sich in der Frühphase durch eine Veränderung des Blutbilds. Es werden insbesondere vermehrt Leukozyten und Thrombozyten gebildet. Dies hat auf Dauer eine Verfaserung (Fibrosierung) des Knochenmarks zur Folge, sodass im weiteren Verlauf die Blutbildung von anderen Organen wie Milz und Leber teilweise übernommen werden.
In der späten Erkrankungsphase verdrängt die zunehmende Fibrose die normale Blutbildung im Knochenmark – es werden insgesamt zu wenige Blutzellen produziert. Die Folge ist eine verstärkten Blutungsneigung und es kommt zu Symptomen einer Blutarmut (Anämie). Zudem liegt meist durch die Verarbeitung der großen Zellzahlen eine vergrößerte Milz vor, die Schmerzen im oberen Bauchbereich hervorrufen kann.
In der Regel treten erst in der Spätphase merkbare Symptome auf. Meist wird eine MF daher erst dann festgestellt, wenn die Erkrankung bereits weit fortgeschritten ist. Oder die Myelofibrose ist ein Zufallsbefund im Rahmen einer routinemäßigen Blutuntersuchung.
Man spricht von MF, wenn
Die Diagnose erfolgt in mehreren Schritten:
Im Rahmen eines ausführliches Arzt-Patienten-Gespräches werden die Symptome besprochen und hinterfragt, ob die Erkrankung in der Vergangenheit schon einmal bei einem Mitglied der Familie aufgetreten ist.
Bei einer körperlichen Untersuchung können durch Abtasten vor allem eine vergrößerte Milz und eine angeschwollene Leber entdeckt werden.
Im Blut lässt sich feststellen, ob die Anzahl der Blutzellen verändert ist. Das liefert wichtige Hinweise auf eine MF. In der Frühphase findet sich insbesondere eine erhöhte Anzahl an Thrombozyten im Blut wieder. In der Spätphase lässt sich ein Mangel an funktionsfähigen Blutzellen nachweisen.
Bei etwa der Hälfte der MF-Erkrankten kann sich eine genetische Mutation im JAK-2 Gen festgestellt werden. Diese kann aber auch bei ähnlichen Erkrankungen auftreten.
Da das Blutbild und die Beschwerden bei einer MF anderen Erkrankungen des Bluts sehr ähnlich sein können, ist auch eine Knochenmarkpunktion erforderlich, um die Diagnose abzusichern. Dabei wird eine Gewebeprobe aus dem Knochenmarkt entnommen und mikroskopisch untersucht.
Die Behandlung orientiert sich an der Risikogruppe, an den aktuellen Beschwerden, den Begleiterkrankungen und am Wunsch des Patienten.
In der Frühphase, wenn zu viele Blutzellen produziert werden, werden sogenannte Zytostatika verwendet. Das sind Medikamente, die die Neubildung von Blutzellen unterdrücken.
Manchmal ist auch Abwarten eine sinnvolle Behandlungsstrategie. „Watchful Waiting“ oder auch „Watch and Wait“ genannt, ist dann die Therapie der Wahl, wenn Patienten ein geringes Risiko für eine Verschlechterung der Erkrankung und keine Symptome haben. Regelmäßige Kontrollen sollten allerdings durchgeführt werden.
In der Folge, wenn zu wenige Blutzellen gebildet werden, tritt häufig eine Blutarmut (Anämie) auf. Mit Medikamenten kann versucht werden, die verminderte Anzahl an Blutzellen zu erhöhen: Erythropoetin, Androgene und Kortison können zur positiven Beeinflussung eingesetzt werden. Außerdem können regelmäßige Bluttransfusionen einer Anämie entgegenwirken.
Mit JAK Inhibitoren können viele symptomatische Beschwerden, unter anderem auch die Beschwerden, die von einer vergrößerten Milz stammen effektiv behandelt werden. Somit kann sich auch die Lebensqualität des Patienten verbessern. Des Weiteren konnte in Studien gezeigt werden, dass der richtige Einsatz von Jak Inhibitoren lebensverlängert wirken kann.
Unter Umständen, wenn die Milzgröße nicht medikamentös in den Griff zu bekommen ist, kann auch die operative Entfernung oder eine Bestrahlung der Milz in Betracht gezogen werden.
Die einzige Möglichkeit MF zu heilen, bietet die allogene Stammzellentransplantation. Sie wird vor allem bei jüngeren Patienten mit Intermediärrisiko 2 oder Hochrisiko angedacht. Dabei wird kein körpereigenes Material verwendet, sondern die Blutstammzellen einer anderen Person. Jedoch ist die Stammzellentransplantation mit hohen gesundheitlichen Risiken verbunden und nicht für jeden Patienten geeignet.
Abschließend ist zu sagen, dass die Myelofibrose eine sehr komplexe Erkrankung mit vielen Facetten ist und daher ist auch die Therapie komplex und hängt stark vom individuellen Verlauf ab. Es ist daher wichtig, dass Sie eng mit Ihrem behandelnden Arzt zusammenarbeiten und wenn möglich Hilfsmittel zur Arzt-Patienten Kommunikation wie Fragebögen zu Ihrem Zustand und Ihrer Lebensqualität verwenden.
Ein gesunder Lebensstil trägt zu einer besseren Lebensqualität bei. Dabei sollte auf eine gesunde, leicht verdauliche sowie energiereiche Ernährung geachtet werden. Geeignete Sportarten sind unter anderem Wandern, Joggen, Fahrradfahren, Schwimmen, Tennis, Golf und Tanzen, denn durch Ausdauersport werden die Durchblutung gefördert und das Thromboserisiko gesenkt. Starke physische und psychische Belastungen sollten hingegen vermieden werden. Autogenes Training, Meditation, progressive Muskelentspannung, Visualisierungen oder Yoga sind für viele Patienten gute Maßnahmen zur Entspannung.
Reisen können in Absprache mit dem Arzt problemlos unternommen werden. Dabei sollte auf eine adäquate Versorgung im Notfall, auf ausreichende hygienische und medizinische Standards sowie auf Schutz vor UV-Strahlung oder auf wohl temperierte Räume und entsprechende Kleidung geachtet werden.
Auch eine Schwangerschaft ist möglich, da MF nicht erblich ist, und einer beruflichen Karriere steht nichts im Weg.